Katharina Grosse
2013
21. August – 7. September 2013
Teil 3 der Ausstellungsreihe: Temporarily Available
mein schreibtisch, das schneefeld
Wenn man die Jahresringe noch zählen könnte…
Kommt man dieser Tage oder auch Nächte am Fenster von Kurt-Kurt vorbei, schaut man in ein raumfüllendes farbig leuchtendes Bild von Katharina Grosse, das in den letzten Tagen explizit für die hier vorgefundene Raumsituation und das Konzept von „Temporarily Available“ geschaffen wurde.
Farbspuren ziehen sich über riesige Baumstämme, klettern an den Wänden hinauf, so dass unsere Wahrnehmung und unser Blick auf der Suche nach dem Raum und dem Baum und der Farbe hin- und hergerissen ist.
Der tonnenschwere Baum stand in direkter Nachbarschaft des Ateliers von Katharina Grosse in der Lehrter Straße. Als die Kastanie vor kurzem wegen Krankheit gefällt werden musste, entschied sich die Künstlerin, den Baum als guten Nachbarn in die Ausstellung im Kurt-Kurt einzuladen.
Wenn man seine Jahresringe noch zählen könnte, würde sich ablesen lassen, dass der Baum im Kurt-Kurt z.B. von den 1950-ger Jahren an der Lehrter Straße in Berlin-Moabit erzählen könnte, vom Niemandsland an der Grenze zum Osten und vom neuen Aufblühen nach der Wende.
Auch wenn die Jahresringe unter der Farbe kaum mehr zu lesen sind, liegen sie unter dem Raumbild von Katharina Grosse. Die Kreise schließen sich. Das Bild wird zur Geschichte, der Raum zum Bild. Der Baum speichert das Vergangene. Das Raumbild steht im Hier und Jetzt.
Wenn der Raum zur Malerei wird
Arbeiten von Katharina Grosse bringen die Malerei in die Räumlichkeit. In überbordender Farbigkeit erobert sie nicht nur die dritte Dimension. Alles wird zum Bildträger: Objekte, Wände, Boden, Decken. Dabei oszillieren ihre Bildräume aber auch zwischen Zeit und Raum. Zeit als Raum, in dem sich der Betrachter auf die immer neu komponierte Farbe einlässt und unweigerlich den Spuren und gesetzten Koordinaten der Künstlerin folgt. Und Zeit auch als Medium, das die Malerei hinterfragt und gleichzeitig neu definiert.
„Ich habe keine Vision, ich bin die Vision. Ich grenze mich also nicht von meiner Sicht der Welt bzw. von der Welt da draußen ab. Grenzen nehme ich nicht als Grenzen wahr. In der Malerei gibt es keine Grenzen, ich erfahre keinerlei Widerstand beim Malen. Innen und Außen koexistieren, ohne dass sie sich abgrenzen müssten. Ich erfahre jeden Tag, wie das Bildfeld die Wirklichkeit erzeugt – nicht umgekehrt. Deswegen interpretiere ich Wirklichkeit auch nicht, sondern verstehe sie als eine performative Aktivität, die sich selbst immer wieder neu und anders hervorbringt. Genau aus diesem Grund bin ich Malerin.“ Katharina Grosse
Auftritt
Am 7. September um 17 Uhr wird Katharina Grosse mit dem Musiker Stefan Schneider aus Düsseldorf in ihrer Installation mein schreibtisch, das schneefeld im Kurt-Kurt live auftreten.
Die Ausstellungsreihe wird gefördert durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst
Die Projektreihe Reisen in der Stadt wird gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR.