Kunst und Kontext im Stadtlabor Berlin-Moabit

sans papiers – Das Leben ist eine Reise, Teil 1.3
2016

Khaled Barakeh, Lerato Shadi, Anri Sala
Ausstellung 13. Oktober – 5. November 2016

Khaled Barakeh: Transparencies
installation with newspaper clippings, ongoing series since 2009

Für die seit 2009 laufende und als Archiv angelegte Serie Transparencies verwendet der Künstler Khaled Barakeh Licht, um Zeitungsausschnitte zu durchleuchten. Mit diesem Ansatz des „found imagery“, fallen Vorder- und Rückseite zu einer Komposition zusammen, die das gleichgültige Nebeneinander von Bildmetaphern in Zeitungen zugleich enthüllt und verbirgt. Die Zusammenstellung der von hinten beleuchteten Ausschnitte und die simplen, aber tiefgründigen Zufallsangebote des Layouts transportieren diese massenproduzierten Fotografien vom äußersten Ende ihrer öffentlichen Verbreitung zurück zur ursprünglichen Technik des fotografischen Mediums: Licht wird benutzt, um zunächst einen Moment einzufrieren und dann eine neue Geschichte und verschiedene Perspektiven über verschiedene Referenzrahmen hinaus aufzuzeigen.

Lerato Shadi: MOREMOGOLO (GO BETLWA WA TAOLA)
double-channel HD-video, colour and stereo sound, 13’00’’, 2016

Im Zentrum von Shadis künstlerischer Arbeit steht immer die Repräsentation des Schwarzen, weiblichen Körpers und die Reflexion und das Aufzeigen, wie dieser Körper ausgebeutet und entmenschlicht wurde. Obwohl ihre Heimat Südafrika immanent für ihre Arbeit ist, untersucht Shadi die Tendenzen von Transformation im Kontext ihrer jeweiligen Umgebung. Durch die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Geschichte entsteht ein Werk, das eine neue Zukunft re-imaginiert.
In ihrer neuesten Videoarbeit MOREMOGOLO inszeniert und verwebt Shadi auf zwei Videoscreens Themen wie individueller Widerstand, Auswirkung von kolonialer Sprache und Allegorie des Widerstandes. Der von Shadi aufgegriffene rote Faden kann vom Betrachter selber durch die Geschichten weitergesponnen werden.

Anri Sala: Ghostgames
single-channel video installation, colour and stereo sound, 9’11’’, 2002

Ghostgames ist ein Film und zugleich ein Spiel. Ähnlich wie Fußball spielt man es mit einer Geisterkrabbe anstatt mit einem Ball. Geisterkrabben verbringen den größten Teil des Jahres in ihren Sandhöhlen und kommen nur bei Neumond und Ebbe in den Sommermonaten hervor. Indem Anri Sala das Spiel bei einem nächtlichen Spaziergang entlang eines Sandstrands mit Taschenlampen inszeniert, macht er sichtbar, wie es sich anfühlt, wenn Regeln auf das Unbeherrschbare, das Rationale auf das Irrationale, der Wunsch zu spielen und zu kontrollieren auf den Kontrollverlust und das Niemals-Beabsichtigte treffen. Der Künstler ersetzt in seinem (ungewöhnlichen) Film die „sinnvolle“ durch die spielerische Aktion und verändert so das Drehbuch für die abstrakten Regeln des Spiels. Geisterkrabben tauchen als bewegte Kreationen auf, unter ständiger Verfolgung und Beeinflussung durch die Spieler. Man könnte den Lichtstrahl und die Krabben als Fortsetzung desselben Körpers sehen: dem des Spielers.