Kunst und Kontext im Stadtlabor Berlin-Moabit

Diskurse / Veranstaltungen

sans papiers – Das Leben ist eine Reise, Teil 2.1
2017

Amer Akel, Bernhard Thome
Dinner-Lecture, 23. Februar 2017

Am 23. Februar 2017 starten wir mit Amer Akel und seiner Dinner-Lecture den Teil 2 unseres 2016 gestarteten zweijährigen Projektes sans papiers – Das Leben ist eine Reise. Zwischen Februar und Mai 2017 werden drei Künstler_Innen, die geflüchtet sind und erst seit kurzer Zeit hier leben und arbeiten, während einer one-night Präsentation und einem dazu speziell entwickelten Dinner Einblicke geben in ihr Schaffen und Leben.
Diese Künstler_Innen kamen hier an, ohne Papiere, sans papiers, ohne deutsche Sprache und ohne Werk. In der Zwischenzeit steht ihre künstlerische Arbeit wieder im Mittelpunkt. Ihre neuen Werke sind Ausgangspunkt für gemeinsame Sprache und Kommunikaton. Sie irritieren, stellen Fragen, geben Antworten, reflektieren persönliche und öffentliche Momente und bieten sich an für einen gemeinsamen Dialog.
Zusammen mit dem Berliner Künstler und Koch Bernhard Thome werden Konzepte entwickelt, die die Präsentationen der Künstler_Innen kulinarisch begleiten. Das Essen an der gemeinsamen Tafel bildet die Grundlage und den Rahmen für die Werkpräsentationen, die überleiten in Gespräche, in einen diskursiven Austausch mit anregenden, neuen Kunstpositionen, Begegnungen und kulinarischen Genüssen. Die Speisen sind für alle Besucher kostenfrei.

Reading the Letters & Tausend Blätter

Amer Akel wird im Kurt-Kurt zur Dinner-Lecture seine Videoinstallation Reading the Letters und die Arbeit 1kg of soil präsentieren. Reading the Letters zeigt uns eine Annäherung an die deutsche Sprache, indem sie gelesen wird, ohne zu verstehen, ob der Inhalt wichtig oder unwichtig ist. Hunderte von offiziellen Schreiben aus deutschen Amtsstuben stapeln sich auf Amers Schreibtisch und werden von ihm vorgetragen. Es geht aber in dieser Arbeit nicht nur um die gesprochene Sprache, sondern auch um eine kulturelle Verschiebung. Der Künstler reflektiert in seiner performativen Videoarbeit die Wertigkeit von Briefpost in unterschiedlichen Kulturen und gleichzeitig auch seine Unfähigkeit die Flut von Papier und Informationen zu bewältigen und zu verarbeiten.
Sein zweites Werk, ein Glas voll syrischer Erde, stellt die Frage: „What if the only remaining thing from Home is a few letters … memories …and a handful of soil…..“. Amer Akel hat sich der Frage gestellt und versucht, sich 1 kg syrischer Erde per Post von Damaskus über Beirut und Wien nach Berlin schicken zu lassen. Endlich am Ziel mit der Erde in den Händen stand er vor der nächsten Frage: „What is home?“
Bezugnehmend auf die Arbeit Reading the Letters füllt der Künstlerkoch Bernhard Thome Tausend Blätter (mille feuille) mit traditionellen syrischen Speisen. Im Gegensatz zum nicht zu bewältigenden Stapel an amtlichen Papieren werden die kulinarischen Tausend Blätter in kleinen Portionen dosiert als Fingerfood serviert.
Wir danken Mariam Alawani für ihre fachkundige Beratung und Unterstützung beim Recherchieren zur syrischer Küche.
Amer Akel hat vor seiner Flucht nach Deutschland in Damaskus Visuelle Kommunikation studiert und sein Studium mit einem Bachelor abgeschlossen. Seit 2016 studiert er an der Kunsthochschule Weißensee Berlin Bildhauerei (Diplomstudium). Seine Installationen, Videos und grafischen Arbeiten wurden in vielen Ausstellungen u.a. in Damaskus, Kopenhagen, Wien, Stockholm und Berlin präsentiert.
Bernhard Thome ist Künstler und Koch und gestaltet mit seinem Catering-Unternehmen Kunst und Kochen in Berlin sehr spezifische kulinarische Interventionen, die in diesem Kontext das Thema Tausend Blätter mit der Syrischen Küche verbinden.